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Harte Krimis und schöne Märchen 17/8/09

Kulturwerkstatt Projekt »Medienspektakel« im Haus der Jugend. Mädchen als Filmemacherinnen

REUTLINGEN. »Black Nails« das klang ihnen zu sehr nach Nagelstudio. Kein guter Name für einen Krimi beschlossen sie. Also heißt der Film nun »Black Fingers«, obwohl es doch die Nägel sind, die zur Lösung des rätselhaften Falles führen. Das Verbrechen an der Nachbarin, aufgeklärt von kleinen Kommissarinnen, ist nur ein kleiner Teil des Medienspektakels der Reutlinger Kulturwerkstatt.

»Sommermedienspektakel« im Haus der Jugend: Im »Prinzessinenkrimi« wird eine Thronfolgerin, die auf unserem Bild gerade schön gemacht wird, entführt.
FOTO. MORA

Die Putzfrau macht die Schranktüre auf, heraus fällt die Nachbarin, vergiftet. Es geht um einen Koffer mit Geld, es gibt Verdächtige und zwei Kommissarinnen, die von Haus zu Haus gehen und Spuren suchen. Die Kommissarinnen, das allerdings ist das Besondere an der Sache, sind, so ernst und professionell sie auch drein schauen, jünger als 18 Jahre. Das Ganze ist ein Film, den die Mädchen im Reutlinger Haus der Jugend gedreht haben »Medienspektakel« heißt das Projekt, das bereits im Herbst vergangenen Jahres begann und nun einen Höhepunkt erlebt: Eine Gruppe Mädchen aus Reutlingen und Umgebung hat in den vergangenen Monaten fleißig den Umgang mit Computer, Digitalkamera, Ton- und Bildverarbeitungsprogrammen geübt. Eine kleine Ausbildung, die die Teilnehmerinnen, 14 an der Zahl, unter Anleitung von Petra Lever und Sonja Lohrengel, Mitarbeiterinnen der Kulturwerkstatt, erhielten.

Die Mädchen bewiesen dabei großen Fleiß und Durchhaltevermögen: Neben der Schule besuchten sie regelmäßig die Nachmittage im Haus der Jugend, ließen kaum einmal einen Termin aus. Sichtlichen Spaß gemacht hat es ihnen, mit dem Computer einmal ganz anders zu arbeiten Bildschnitt, Tonschnitt, Filme, in denen sie selbst die Hauptrolle spielen und für die sie selbst das Drehbuch geschrieben haben. Zwei Werke sind so entstanden: »Black Fingers« und »Zickenzoff im Internet«. Außerdem eine Musik-CD und eine Fotostory. Zu jedem der Filme gibt es ein »Making of«, in dem man die Pannen und die Lachsalven bewundern kann, von denen die Schauspielerinnen heimgesucht wurden. Wichtig war dabei, dass sich auch Mädchen mit einer Behinderung in der Gruppe befanden. Und nun war es so weit: Die Mädchen des »Medienspektakels« gaben ihr Erlerntes weiter. Zwei Wochen lang dauerte das krönende »Sommer-Medien«-Spektakel«. Dabei wurden die Mädchen, die sich seit vergangenem Jahr zu Medienexpertinnen mauserten, nun selbst zu Lehrerinnen.

Rund 50 Schülerinnen hatten sie, die sonst alle Schularten besuchen, nun aber Ferien haben und hinter der Kamera stehen.

Zweiwöchiger Block

Da entstand zum Beispiel ein »Prinzessinenkrimi«, mit einer Thronfolgerin, die sich kämmen lässt und entführt wird. Das »Medienspektakel« selbst, die monatelange Arbeit der Älteren, ist auf drei Jahre angelegt, läuft nach den Ferien weiter und gewinnt hoffentlich neue Teilnehmerinnen. Das Sommerspektakel dagegen findet in zwei einwöchigen Blöcken statt, mit machen fast 50 Mädchen zwischen sieben und zwölf Jahren.

Noch bis gestern gab es kriminelle oder märchenhafte Szenen im Haus der Jugend, junge Frauen, die angestrengt durch den Sucher einer Kamera blicken, angeleitet zum Beispiel von der 14-jährigen Isabel Bölzle, oder sich am Bildschirm in der Verwendung von Grafikprogrammen übten, wie die sechsjährige Nora und die 13-jährige Theresa. Und Kommissarinnen, die an eine Tür klopften und sagen: »Es geht um die Nachbarin. Sie wurde letzte Nacht erschlagen, aber sie ist nicht tot.« (mora)

Orginalartikel erschienen am 17.08.2009 im Reutlinger Generalanzeiger